Entscheidungen in anderen Rechtsgebieten

Gesetzliches Rauchverbot

Ein gesetzliches Rauchverbot, das auch allgemein öffentlich zugängliche Vereinsveranstaltungen erfasst, verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG). Dies hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden. Allein die Gründung eines Vereins kann keinen Grundrechtsschutz für eine Tätigkeit vermitteln, den diese individuell nicht genießt. Ein Rauchverbot in Vereinsräumlichkeiten berührt auch die Vereinigungsfreiheit dann nicht, wenn die Räumlichkeiten zwar für den verfolgten Vereinszweck - das gemeinsame Rauchen - genutzt werden sollen, aber tatsächlich öffentlich zugänglich sind, Beschluss vom 24. September 2014 (1 BvR 3017/11)

Revisionsverhandlung nicht ohne Verteidiger

In Hauptverhandlungen vor den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs über Revisionen von Angeklagten, Staatsanwaltschaften oder Nebenklägern ist es bisher üblich, auch dann zu verhandeln wenn der Angeklagte – der nur in seltenen Ausnahmefällen persönlich an der Hauptverhandlungen teilnimmt – nicht durch einen Verteidiger seiner Wahl vertreten ist. Pflichtverteidiger für die Revisionshauptverhandlung müssen nach dem Wortlaut des Gesetzes nur auf Antrag bestellt werden. Wenn ein solcher Antrag nicht gestellt wird und ein Wahlverteidiger zur Hauptverhandlung nicht erscheint, wurde bisher in den meisten Fällen ohne jede Beteiligung des Angeklagten verhandelt. Diese Praxis ist nach Ansicht des 2. Strafsenats mit der Regelung des Art. 6 Abs. 3 Buchstabe c der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar, die jedem Beschuldigten das Recht garantiert, sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen oder den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist, 2. Strafsenat, Verfügung vom 25. September 2014 – 2 StR 163/14

Verständigung im Strafverfahren - Belehrung

Die gesetzlich vorgeschriebene Belehrung des Angeklagten im Rahmen einer Verständigung muss nicht nur vor seinem Geständnis, sondern bereits vor seiner Zustimmung zu der Verständigung erfolgen. Dies folgt aus dem Recht des Angeklagten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren und dem verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass jede Person über ihre Mitwirkung im Strafverfahren frei entscheiden kann. Wird der Angeklagte erst nach seiner Zustimmung zu der Verständigung belehrt, beruhen sein Geständnis und das Strafurteil im Regelfall auf dieser Grundrechtsverletzung. Für eine anderweitige Beurteilung im Einzelfall muss das Revisionsgericht konkrete Feststellungen treffen. Ein mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenes Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, Beschluss vom 25. August 2014 (2 BvR 2048/13).

Verständigung im Strafverfahren - Negativmitteilung

Im Strafverfahren hat das Gericht zu Beginn der Hauptverhandlung mitzuteilen, ob Gespräche über die Möglichkeit einer Verständigung stattgefunden haben. Auch eine Negativmitteilung, dass keine solchen Gespräche stattgefunden haben, ist erforderlich. Zwei Revisionsentscheidungen des Bundesgerichtshofs hat die Kammer aufgehoben, da ihnen eine Auslegung der Strafprozessordnung zugrunde liegt, die unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich haltbar ist. Beschlüsse vom 26. August 2014 (2 BvR 2172/13, 2 BvR 2400/13)

Reisemangel bei Kreuzfahrt

Das AG München hat entschieden, dass bei einer siebzehntägigen Schiffsreise der Ausfall des Reise-Höhepunktes zu einer Minderung des Reisepreises von 20 Prozent berechtigt.

Nach Auffassung des Amtsgerichts war die Schiffsreise mangelhaft, da die Durchfahrt durch den Panamakanal nicht wie vertraglich vereinbart gegen 6.00 Uhr morgens begonnen und gänzlich tagsüber durchgeführt wurde, sondern nur teilweise tagsüber, in der Dämmerung und in der Dunkelheit nachts. Die Tatsache, dass die Schleusen hell beleuchtet waren, sei in keiner Weise vergleichbar mit einer Tagesdurchfahrt, da für das Erlebnis der Durchquerung des Panamakanals insbesondere die Natur am Ufer entscheidend sei und nicht die Ansicht der beleuchteten   Schleusen, Aktenzeichen 182 C 15953/13.

Das LArbG Frankfurt am Main hat entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der sich bei der Zeiterfassung nicht an- und abmeldet, rechtmäßig ist.

Deutschtests bei Ehegattennachzug

Der EuGH hat entschieden, dass die deutschen ausländerrechtlichen Vorschriften gegen das Recht auf Freizügigkeit und Familienzusammenführung verstoßen, soweit Deutschland Ehegatten von rechtmäßig im Inland wohnenden türkischen Staatsangehörigen ein Visum zum Zweck des Ehegattennachzugs nur erteilt, wenn sie einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachweisen.

Dies gilt zumindest im Verhältnis zur Türkei. Das 2007 eingeführte Spracherfordernis sei nicht mit der Stillhalteklausel des Assoziierungsabkommens mit der Türkei vereinbar, so der EuGH, 10.07.2014, C-138/13.

Keine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung bei Generalstreik und Radarausfall

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat hat entschieden, dass ein Generalstreik sowie der im Vorfeld eines Flugs aufgetretene Radarausfall außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung begründen. Streik und Radarausfall wirken von außen auf den Flugbetrieb und die gesamte Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens ein und können von diesem nicht beherrscht werden. Die hierdurch verursachten Beeinträchtigungen des Flugplans des beklagten Luftverkehrsunternehmens (hier bei den Balearenflügen) beruhen damit insgesamt auf außergewöhnlichen Umständen,  auch soweit die unmittelbare Störung bei am selben Tag vorausgegangenen anderen Flügen des eingesetzten Flugzeugs (hier nach und aus Griechenland) aufgetreten ist. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts versucht, ein Ersatzflugzeug zu chartern, was nicht zuletzt wegen des aufgrund des Streiks erhöhten Bedarfs an Ersatzflugzeugen nicht gelang. Sie hat damit eine ihr zumutbare Maßnahme ergriffen, um die Verspätung zu vermeiden. Dass die Beklagte kein Ersatzflugzeug vorgehalten hat, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, Urteil vom 12. Juni 2014 – X ZR 104/13.

Dem Vermieter ist es grundsätzlich nicht gestattet, während des laufenden Mietverhältnisses die Kaution zur Befriedigung streitiger Forderungen zu verwerten.

Der Mieter legte seinem Vermieter bei Vertragsschluss eine Bescheinigung seines bisherigen Vermieters vor, mit der bestätigt wurde, dass der Mieter die Kaution und die laufenden Mieten immer pünktlich gezahlt habe. Die Bescheinigung war jedoch eine Fälschung.